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Wird mit einem Antrag auf ALG I auch…

von KSD

Wird mit einem Antrag auf ALG I auch gleich ein (verdeckter) Antrag auf ALG II gestellt?

Das Bundessozialgericht (BSG) hatte sich mit Urteil vom 02.04.2014 Az. B 4 AS 29/13 R mit der Frage zu beschäftigen, ob mit einem auf ALG I gerichteten Antrag auch gleichzeitig ein (verdeckter) Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt wird.

Anders als zum Teil bei der Sozialhilfe nach dem SGB XII werden Leistungen nach dem SGB II gem. § 37 I SGB II grundsätzlich nur auf Grund eines gestellten Antrages und gem. § 37 II SGB II auch nur für die Zeit ab Antragstellung erbracht, wobei die Antragstellung auf den ersten des Monats zurückwirkt.

Im vom BSG entschiedenen Fall, hat ein Mann, nachdem er arbeitslos geworden war sich rechtzeitig bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet und dort Arbeitslosengeld I (ALG I) nach dem SGB III beantragt. Das Arbeitslosengeld wurde von der Bundesagentur für Arbeit auch antragsgemäß bewilligt und an den Mann und dessen Familie ausgezahlt. Es stellte sich hierbei aber heraus, dass das ALG I so niedrig war, dass das soziokulturelle Existenzminimum der Familie nicht gesichert war.

Als dies feststand wurden beim zuständigen Jobcenter auch Leistungen nach dem SGB II beantragt und vom Jobcenter ab dem Monat der Antragstellung auch entsprechend erbracht. Das Jobcenter lehnte jedoch eine Erringung von Leistungen vor der expliziten Beantragung von Leistungen nach dem SGB II ab, da in der Beantragung von ALG I nach dem SGB III kein Antrag auf ALG II nach dem SGB II zu erblicken sei.

 

Das BSG hat die Entscheidung des Jobcenters entsprechend bestätigt, wobei die Entscheidung des BSG hinsichtlich der einzelnen Punkte nicht zwingend überzeugend wirkt.

Mit dem BSG ist noch insoweit konform zu gehen, als dass wenn ALG I nach dem SGB III beantragt wird in diesem Antrag nach kein Antrag auf ALG II nach dem SGB II enthalten ist. Hierfür spricht vor allem der Umstand, dass mit dem ALG I als Sozialversicherungsleistung, das erst erarbeitet werden muss, eine systematisch andere Leistungsart gegeben ist, die sich gerade nicht am Gesichtspunkt der Bedürftigkeit, wie das ALG II als Sozialleistung orientiert. ALG I wird unter anderem vollkommen unabhängig von der jeweiligen Vermögenslage der Person gezahlt, während ALG II eben unter anderem auch von der Vermögenslage der Person abhängig ist.

Auch noch akzeptiert werden kann die Auffassung des BSG, dass hier kein Raum für die Anwendung des § 28 SGB X eröffnet ist, da eben der Anspruch des Mannes auf ALG I nicht negativ beschieden wurde, sondern „nur“ niedriger ausgefallen ist, als zur Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums notwendig ist. § 28 SGB X lässt, einen Antrag auf Sozialleistungen zurückwirken, wenn eine andere beantragte Leistung versagt wurde. 

Dem BSG kann jedoch nicht insoweit gefolgt werden, als das BSG das Vorliegen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs verneint. Grundsätzlich hat eine Behörde im Bereich des Sozialrechts - und damit auch die Bundesagentur für Arbeit - gem. §§ 14, 15 SGB I den Bürger richtig und vollumfänglich zu beraten. Wird ein gebotener Rat nicht oder falsch erteilt, gelangt der so genannte sozialrechtliche Herstellungsanspruch zur Entstehung. Im Rahmen dieses Herstellungsanspruchs wird so getan, als ob der gebotene Rat erteilt worden wäre und der Bürger dem Rat gefolgt wäre, was dann zur Folge hat, dass der Fehler zumeist im System des Sozialrechts korrigiert werden kann, ohne dass das Staatshaftungsrecht bemüht werden muss.

Entgegen der Ansicht des BSG dürfte bei der Bundesagentur für Arbeit das Vorliegen einer entsprechenden Beratungspflicht mit Blick auf Leistungen nach dem SGB II dann zu bejahen sein, wenn sich auf Grund der Höhe des ALG I mit Blick auf das Übliche der „Verdacht“ aufdrängen muss, dass das ALG I der Höhe nach nicht zur Bestreitung des Lebensunterhaltes ausreicht. Dies gilt umso mehr, als dass beim jeweiligen Bürger der niedrig verdient unter Umständen gar keine oder eine gänzlich unzutreffende Vorstellung von der Höhe des ALG I vorhanden ist.

Gerne berät und vertritt Sie Herr Rechtsanwalt Warga, der zugleich Fachanwalt für Sozialrecht und Fachanwalt für Medizinrecht ist, in unserer Kanzlei in Heilbronn und Lauffen unter anderem in allen Frage zum SGB II / Hartz IV damit Sie dem Jobcenter auf Augenhöhe begebenen können und Ihre Interessen gewahrt sind.

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Rechtsanwalt Sven Warga

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