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von KSD
Das Amtsgericht hat dem Beschwerdeführer zu Recht seine Fahrerlaubnis entzogen und die Beschlagnahme seines Führerscheins angeordnet.
Einem Beschuldigten kann bereits im Ermittlungsverfahren die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen werden, wenn dringende Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass ihm die Fahrerlaubnis entzogen werden wird (§ 111a Abs. 1 Satz 1 StPO). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
Die Verurteilung wegen einer rechtswidrigen Tat, die im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges begangen wird, zieht die Entziehung der Fahrerlaubnis nach sich, wenn sich aus der Tat ergibt, dass der Beschuldigte zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist (§ 69 Abs. 1 Satz 1 StGB). Handelt es sich um ein Vergehen der Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315c StGB, so stellt die Entziehung der Fahrerlaubnis den Regelfall dar (§ 69 Abs. 2 Nr. 1 StGB). So liegt es hier.
Der dringende Tatverdacht ergibt sich insbesondere aus den überzeugenden und schlüssigen Angaben der Zeugen S und K sowie der Zeuginnen H und T. Der Zeuge S hat ausgesagt, dass der Beschwerdeführer auf der M Straße zunächst einen Sprinter überholt habe. Der Beschwerdeführer sei mit seinem Fahrzeug aber nicht zwischen dem überholten Sprinter und seinem Fahrzeug eingeschert, sondern habe auch ihn überholt. Die Fahrzeuge hätten sich bereits kurz vor einer Kurve befunden. Als sich der Beschwerdeführer auf der Höhe seines Fahrzeugs befunden habe, sei Gegenverkehr gekommen. Er habe eine Vollbremsung eingeleitet und der Beschwerdeführer sei mit den entgegenkommenden Fahrzeugen kollidiert. Die Zeugin H hat übereinstimmend bekundet, dass sich die Fahrzeuge des Beschwerdeführers und des Zeugen S bereits kurz vor einer Kurve befunden hätten, als der Beschwerdeführer den Zeugen S überholt habe. Auch der Zeugen K und die Zeugin T haben angegeben, dass der Beschwerdeführer das Fahrzeug des Zeugen S im Bereich einer Kurve überholt habe.
Die Kammer hat bei der gebotenen vorläufigen Betrachtung keinerlei Anlass an der Richtigkeit der Angaben der Zeugen zu zweifeln.
In Anbetracht dieser Umstände besteht derzeit eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass dem Verdacht entsprechende Feststellungen in Bezug auf eine Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315c Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 1 StGB getroffen werden können, sodass die Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 111a Abs. 1 StPO erforderlich und im Übrigen auch verhältnismäßig ist.
Zu diesem zutreffenden Ergebnis gelangte das LG Stade.
Selbst wenn eine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung vorliegt und der Beschuldigte hierbei dringend verdächtig ist mehrere Fahrzeuge vor einer Kurve überholt zu haben und selbst wenn es anschließend mit entgegenkommenden Fahrzeugen zu einem Verkehrsunfall kam, heißt dies nicht, dass automatisch das vom Gesetzgeber geforderte Tatbestandsmerkmal des "Renncharakters vorliegen muss.
Zwar dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Straßenverkehrsgefährdung im Sinne von § 315c Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 1 StGB vorliegen, nicht aber der Tatbestand eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens gemäß § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB, weil hierfür auch notwendig ist, dass der Fahrer sein Fahrzeug bis an die technischen und physikalischen Grenzen ausgefahren hat.
Das bloße schnelle Fahren reicht hierfür nicht aus. Vielmehr muss die Tathandlung von der Absicht getragen sein, eine „höchstmögliche Geschwindigkeit“ zu erreichen (vgl. Fischer, Strafgesetzbuch, 65. Aufl. 2018, § 315d, Rn. 16).
Dieses in seiner Konsequenz richtige Urteil führt eindrucksvoll vor Augen, dass die meist zuerst mit solchen Fällen befassten Amtsgerichte - zumeist weil es Ihnen egal ist oder weil sie falsch subsumieren - vorschnell die Fahrerlaubnis entziehen, so dass es sich im Ergebnis durchaus lohnen kann, hiergegen mit Hilfe eines erfahrenen Strafverteidigers vorzugehen.
Deshalb ist es wichtig, bei der Polizei keine Angaben zu tätigen, weil alles was sie sagen, gegen sie verwendet wird, so nett die Beamten auch sein mögen.
Sofern sie einen unabhängigen Rat benötigen oder aber eine zielorientierte Verteidigung wünschen, sind sie bei uns genau richtig.
Felix Schmidt, Heilbronn, zugleich Fachanwalt für Strafrecht und Spezialist für Verkehrsdelikte
Nach vorläufiger Bewertung hat der Beschwerdeführer allerdings den Tatbestand des verbotenen Kraftfahrzeugrennens gemäß § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht verwirklicht. Die Tathandlung muss von der Absicht getragen sein, eine „höchstmögliche Geschwindigkeit“ zu erreichen (vgl. Fischer, Strafgesetzbuch, 65. Aufl. 2018, § 315d, Rn. 16). Diese Tatbestandsvoraussetzung soll insbesondere dem Erfordernis des Renncharakters gerecht werden. Hingegen sollen bloße Geschwindigkeitsüberschreitungen – auch wenn sie erheblich sind – nicht von § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB umfasst sein (vgl. BT-Drs. 18/12964, S. 6; Burmann in: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 25. Aufl. 2018, § 315d, Rn. 9 – beck-online). Strafbar soll sein, wer „objektiv und subjektiv ein Kraftfahrzeugrennen nachstellt“ (vgl. BT-Drs. 18/12936, S. 2). Nach Auffassung der Kammer dient der Kraftfahrzeugverkehr und ein Überholvorgang regelmäßig dem „möglichst“ schnellen Vorankommen (vgl. auch Fischer, Strafgesetzbuch, 65. Aufl. 2018, § 315d, Rn. 18), sodass für die Verwirklichung des Straftatbestandes des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB zum bloßen zügigen Überholen ein Fahren mit Renncharakter hinzukommen muss. Ein Renncharakter ist gegeben, wenn der Fahrer sein Fahrzeug bis an die technischen und physikalischen Grenzen ausfährt. Hierfür sieht die Kammer nach vorläufiger Würdigung des Akteninhalts keine ausreichenden Anhaltspunkte.