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von KSD
Die Teilnahme an illegalen Autorennen ist nun endgültig mit deutlich erhöhten Strafen belegt. Bis zu zwei Jahre Haft drohen Teilnehmer wenn nichts passiert. Kommt es zu Sachschäden, Verletzten oder gar Toten drohen bis zu zehn Jahre Haft. Vorreiter der seit 24.8.2017 geltenden Neuregelung waren rigorose Richter.
Anlass für die Reform waren einige spektakuläre Fälle von extrem geschwindigkeitsintensiven illegalen Autorennen in Großstädten, bei denen Menschen schwer verletzt und teilweise sogar zu Tode gekommen sind und in denen diverse Gerichte höchst unterschiedliche Urteile gefällt haben. Das AG Mönchengladbach hatte in einem Fall, bei dem ein unbeteiligter Fußgänger zu Tode gekommen ist, erst vor wenigen Wochen gegen den mutmaßlichen Täter Haftbefehl wegen Mordverdachts angeordnet.
Furore gemacht hatte zuvor schon ein Urteil der 34. Großen Strafkammer des LG Berlin gegen die 28jährigen und 25jährigen Spontanteilnehmer an einem Illegalen Autorennen, bei dem am 2.1.2016 in Berlin ein 69-jähriger unbeteiligter Fahrer eines Jeeps zu Tode gekommen war.
Das LG verurteilte die Rennteilnehmer wegen gemeinschaftlichen Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Die Fahrerlaubnis wurde beiden Angeklagten lebenslang entzogen (LG Berlin, Urteil v. 27.2.2017, 535 Ks 8/16). Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.
Das Urteil hatte Signalwirkung. Die Teilnahme an illegalen Straßenrennen wurde juristisch bis zum 24.8.2017 (BGBl. 2017 I, 3202) als Ordnungswidrigkeit gewertet, jedenfalls dann, wenn nichts weiter passiert war (OLG Hamm, Beschluss v. 5.3.2013, II – 1 RBs 24/13).
§ 29 StVO bestimmte eher lapidar: Rennen mit Kraftfahrzeugen sind verboten. Der Verstoß hiergegen wurde gemäß § 49 StVO lediglich als Ordnungswidrigkeit gewertet.
Kamen Menschen zu Schaden, so war eine Bestrafung wegen fahrlässiger Körperverletzung gemäß § 229 StGB oder fahrlässiger Tötung gemäß § 222 StGB möglich.
Aber auch in diesen Fällen haben die Gerichte bisher ebenfalls eher milde geurteilt. So hat das LG Köln die Teilnehmer eines spontanen Straßenrennen, bei dem eine neunzehnjährige Fahrradfahrerin getötet wurde, wegen fahrlässiger Tötung lediglich zu Freiheitsstrafen von zwei Jahren bzw. einem Jahr und neun Monaten verurteilt und die Strafverbüßung zur Bewährung ausgesetzt (LG Köln, Urteil v. 14.4.2016, 117 KLs 19/15). Da zog der BGH allerdings nicht mit (s.u.).
Im Fall des Kölner Rennens monierte der BGH den nach seiner Auffassung nicht hinreichend begründeten Bewährungsbeschluss. Unter Hinweis auf § 56 Abs. 3 StGB mahnte der BGH ein dezidiertes Eingehen auf generalpräventive Gründe an. Eine Strafe könne dann zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn hierdurch das schützenswerte Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit der Rechtsordnung nicht in unangemessener Weise erschüttert werde. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die Häufung von Verkehrsunfällen mit tödlichem Ausgang aufgrund überhöhter Geschwindigkeit in großen Städten (BGH, Urteil v. 6.7.2017, 4 StR 415/16). Die Vorinstanz muss diese Aspekte nun erneut überprüfen.
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung hat der Bundesrat im vergangenen Jahr einen Gesetzentwurf vorgelegt, wonach Teilnehmer und Organisatoren illegaler Rennen zukünftig nicht mehr mit einer Geldbuße davon kommen sollen, sondern mit empfindlichen Strafen zu rechnen haben. Nun hat der Bundestag dem Entwurf noch unmittelbar vor der Sommerpause zugestimmt.
Nach dem nun verabschiedeten Gesetz können Teilnehmer eines illegalen Autorennens mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden, auch dann, wenn durch das Rennen niemand zu Schaden kommt. Bisher gab es lediglich 400 Euro Bußgeld und es wurde für einen Monat die Fahrerlaubnis entzogen.
Gemäß dem neuen § 315 d StGB werden einzelne Straftatbestände nach der Intensität der Begehung sowie der Schwere der Folgen abgestuft:
Wird bei einem Straßenrennen ein Mensch oder werden mehrere Menschen getötet oder schwer verletzt, kann eine Freiheitsstrafe von bis zu 10 Jahren verhängt werden. Dieser Tatbestand wird als Verbrechen gewertet.
Ein weiteres Problem, das mit dem Gesetz gelöst werden soll, ist das der sogenannten Einzel- oder Alleinraser.
Dies meint die sogar häufigeren Fälle, in denen ein Einzelner extrem riskant und unter extremer Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit fährt, um eine möglichst hohe Geschwindigkeit zu erreichen, ohne dass ihm die Teilnahme an einem Rennen nachgewiesen werden kann, weil beispielsweise ein möglicher Renngegner nicht festzustellen ist. Auch die Alleinraser können künftig mit Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren belegt werden, § 315 d Abs. 1 Ziff. 3 StGB.
Praktiker befürchten, dass die Bestrafung von Einzelrasern im konkreten Fall schwierig sein wird. Die Möglichkeit der Bestrafung hängt nach dem Gesetzestext von einer Reihe von Voraussetzungen ab:
Unter Strafe gestellt ist nach der Reform auch der Versuch der Organisation bzw. Veranstaltung oder Verabredung von Autorennen, wie es in der Vergangenheit häufiger durch Aufrufe beispielsweise im Internet beobachtet wurde.
Die Expertenmeinung lautet:
Auch mit erhöhten Strafdrohungen werden illegale Autorennen auch zukünftig zur Realität im Straßenverkehr gehören.
Nach Schätzungen von Verkehrsexperten existieren allein in Köln über 4.000 rennfertig aufgemotzte Autos. Das Problem wird auch künftig sein, diejenigen darunter auszumachen, die illegale Autorennen veranstalten. Psychologen gehen davon aus, dass es sich bei vielen potentiellen Teilnehmern um eine regelrechte Sucht handelt, die durch eine Gesetzesverschärfung nur begrenzt in den Griff zu kriegen ist. In der Szene ist es bereits üblich, sich bei organisierten Autorennen über Funk vor herannahenden Polizeistreifen zu warnen.
Der Kriminologe Prof. Dr. Henning Müller, der im Rechtsausschuss des Bundestages als Sachverständiger zur Anhörung im Rahmen der Gesetzesänderung geladen war, warnt davor, wegen einiger spektakulärer Rennunfälle die insgesamt äußerst erheblichen Unfallrisiken durch die ganz normalen Alltagsraser zu vernachlässigen. Das Rasen im Straßenverkehr stelle insgesamt ein gravierendes Sicherheitsrisiko dar, dessen Ahndung durch Bußgelder aktuell in vielen Fällen deutlich zu milde sei.