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Verhandlungsunfähigkeit bei grippalem Infekt:

von KSD

Grundsätzlich darf ein Betroffener auf ein ärztliches Attest vertrauen.

Fall: Der Verteidiger beantragte für seinen Mandanten mit Schriftsatz den Hauptverhandlungstermin am selben Tag aufzuheben, da sein Mandant bettlägerig erkrankt sei.

Aus dem vorgelegten Attest ergab sich, dass der Beschuldigte an einem grippalen Infekt erkrankt war.

Das zuständige Amtsgericht verwarf den Einspruch(der Verteidiger kam auch nicht), weil es der Auffassung war, dass das Ausbleiben nicht genügend entschuldigt sei, nachdem ein Anruf beim Arzt ergab, dass der Beschuldigte lediglich erkältet sei und die Bettruhe nur empfohlen worden sei, im Prinzip der Betroffene aber reise- und verhandlungsfähig gewesen ist.

Das Beschwerdegericht, das LG Nürnberg-Fürth, schließlich gewährte dem Betroffenen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, weil – so die Begründung - ein Betroffener auch dann entschuldigt ist, wenn er auf den Inhalt des Attests vertraut. Letzteres sei hier der Fall gewesen, da eine mehrtägige Bettlägerigkeit attestiert worden sei.

Auch aus der Rücksprache des Richters mit dem Arzt folge nicht, dass das Attest falsch sei, sondern nur, dass der Arzt sich selbst in der Lage gesehen hätte, den Termin wahrzunehmen. Ob die Anreise und Teilnahme an der Hauptverhandlung dem Betroffenen zumutbar war, sei daher nicht mehr zu entscheiden.

Entschuldigt ist der Betroffene laut Gericht  nicht nur dann, wenn ihm wegen einer Erkrankung die Teilnahme an der Hauptverhandlung nicht zugemutet werden kann, sondern auch dann, wenn der Betroffene auf die entschuldigende Wirkung eines Attest vertraut (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO. 60. Auflage 2017, § 329 Rnr. 26 a.E.; OLG München StraFo 2013,208).

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Als Fazit kann festgestellt werden, dass bei Ausstellen eines Attestes durch einen niedergelassenen Arzt jeder Betroffene darauf vertrauen darf, nicht vor Gericht erscheinen zu müssen. Dies gilt auch dann, wenn die Amtsgericht - wie häufig - dies anders meinen.  

Sofern ein Betroffener glaubt, nicht genügend fit zu sein, kann nur angeraten werden, sich im Zweifel das Unwohlsein attestieren zu lassen, wobei im Attest eine Verhandlungsunfähigkeit und eine nicht Reisefähigkeit stehen muss.

Bei Fragen für eine effektive und zielgerichtete Verteidigung stehe ich Ihnen gerne als erfahrener Verteidiger zur Verfügung. 

 

Felix Schmidt, Heilbronn, Fachanwalt für Strafrecht 

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