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D & O-Versicherung in der Insolvenz: BGH, Beschluss v. 14.04.2016, Az.: IX ZR 161/15

von KSD

Sachverhalt:

Insolvenzverwalter einer GmbH hatte deren Geschäftsführer wegen Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit Zahlungen während der Insolvenzreife der Gesellschaft auf Schadenersatz in Anspruch genommen. Die von der Gesellschaft für den Geschäftsführer abgeschlossene D&O-Versicherung wurde durch den Insolvenzverwalter nicht verlängert. Deswegen nahm der betroffene Geschäftsführer den Insolvenzverwalter persönlich wegen Pflichtverletzung in Anspruch. Er begehrte Freistellung von der eigenen Inanspruchnahme, für die er bei pflichtgemäßem Verhalten des Insolvenzverwalters Versicherungsschutz unter der dann verlängerten D & O-Police gehabt hätte.

Nachdem er in den Vorinstanzen keinen Erfolg hatte, verfolgte der Geschäftsführer seinen Anspruch im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH weiter.

Die Entscheidung:

Der BGH stellte nunmehr jedoch klar, dass die aus § 60 Abs. 1 S. 1 InsO resultierenden insolvenzspezifische Pflichten des Insolvenzverwalters nur dann auch gegenüber dem Organ der Insolvenzschuldnerin bestehen, wenn diese ihm als Vertreter der Insolvenzschuldnerin oder als Insolvenz- bzw. Massegläubiger gegenübertreten. Der wegen Pflichtverletzungen gemäß § 64 GmbHG in Anspruch genommene Geschäftsführer ist aber lediglich Schuldner der Masse. Deswegen gehört er nicht zu dem von § 60 Abs. 1 S. 1 InsO geschützten Personenkreis. Gleichzeitig betont der BGH jedoch, dass den Insolvenzverwalter weiterhin Versicherungspflichten im Interesse des Schuldners und seiner Gläubiger zum Zweck der Obhut und Erhaltung des Schuldnervermögens treffen können. Für den Fall, dass ein Schadenersatzanspruch gegen den Geschäftsführer selbst nicht auskömmlich ist, kann deswegen eine Pflicht gegenüber den Gläubigern bestehen, eine D & O-Versicherung aufrechtzuerhalten.

Kommentar:

Die Entscheidung des neunten Zivilsenats deckt sich mit der versicherungsrechtlichen Rechtsprechung des vierten Zivilsenats des BGH, wonach der Geschäftsführer auch aus seiner Stellung als versicherte Person einer Versicherung für fremde Rechnung gemäß § 43 ff. VVG keinen Anspruch auf Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes herleiten könne (vgl. BGH, Urteil v. 07.05.1975, Az.: IV ZR 209/73).

Hingewiesen werden soll weiterhin auf die Feststellungen des OLG Hamburg in zweiter Instanz zur Angemessenheit des Claims-Made-Prinzips, welche vom BGH allerdings nicht thematisiert wurden. Bereits das OLG München hatte entschieden, dass das Claims-Made-Prinzip keine unwirksame unangemessene Benachteiligung für den Versicherungsnehmer darstellt, wenn unter anderem eine Nachmeldefrist vereinbart wird. Im Anschluss hieran hielt das OLG Hamburg eine Klausel, welche die Nachmeldefrist für den Fall der Insolvenzantragstellung vollständig ausschließt, für unwirksam. Durch die Entscheidung des BGH sind diese Feststellungen des OLG Hamburg rechtskräftig. Es wird damit zunehmend schwerer für die Versicherer, den schadenträchtigen Bereich der Unternehmensinsolvenz wirksam aus der Deckung herauszunehmen.

Das Claims-Made-Prinzip wird auch als Anspruchserhebungsprinzip bezeichnet und definiert den Zeitpunkt des Versicherungsfalls, speziell bei D & O-Policen.

Grundsätzlich besteht Versicherungsschutz für Haftpflichtansprüche, die während der Vertragsdauer gegen die versicherten Personen geltend gemacht werden.

Dieses Anspruchserhebungsprinzip (Claims-made-Prinzip) stammt aus dem anglo-amerikanischen Rechtsraum. Dabei ist es unerheblich, wann genau die Schadenersatzansprüche verursacht worden sind. Folgerichtig besteht Versicherungsschutz selbst dann, wenn die Schadenverursachung vor Abschluss der D & O-Versicherung erfolgte. Jedoch dürfen den versicherten Personen die vorgeworfene Pflichtverletzung nicht bekannt gewesen sein.

Als weitere Konsequenz aus dem Claims-made-Prinzip endet der Versicherungsschutz mit Vertragsbeendigung der D & O-Versicherung (auch wenn die Pflichtverletzung und der Schaden in die Vertragslaufzeit fallen).

In versicherungsrechtlichen Angelegenheiten beraten wir Sie gerne in unseren Kanzleiräumen in Heilbronn und Lauffen am Neckar.

 

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